KFZ Versicherung: Gerichtsstreit wegen Fahrt durch Wasser

Das Landgericht Bochum befasste sich in der Sache mit dem Aktenzeichen 9 S 204/14 um einen strittigen Schadenfall der Teilkaskoversicherung. Der Fahrer des PKW durchfuhr mit diesem eine tiefe, durch Starkregen verursachte Pfütze auf einer Autobahn. Das versicherte Fahrzeug hatte nach der Durchfahrt durch das Wasser einige Schäden die durch Kurzschlüsse hervorgerufen wurden. Der Versicherer lehnte die Leistung zunächst ab.

Mit dem Urteil vom 21. April 2015 verurteilte das Landgericht Bochum den Versicherer jedoch zur Zahlung des Schadens. Die Richter sahen den Versicherer in der Leistungspflicht.

Was führte zum Streit?

Überflutete Straße auf der ein Auto fährt
© W. Broemme / pixelio.de

Die Klägerin hatte beim verklagten Versicherungsunternehmen eine Teilkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung abgeschlossen. Die Bedingungen der Teilkaskoversicherung regelten Schäden durch Einwirkung von Naturgewalten wie folgt:

„Versichert ist die unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Schneelawinen, Blitzschlag oder Überschwemmung auf das Fahrzeug… Eingeschlossen sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass durch diese Naturgewalten Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden. Ausgeschlossen sind Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind.“
(Auszug aus den AKB Stand 01.09.2013, Ziff. A 2.2.3)

Der Fahrer des Fahrzeugs ist wegen des Wetters zum Schadenzeitpunkt ca. 40 km/h schnell gefahren. Wegen des Wetters war es dem Fahrer nicht möglich die vor ihm liegende relativ tiefe Wasserfläche zu erkennen. Das Wasser stand an dieser Stelle so hoch, dass in den Motorraum und in die Scheinwerfer Wasser eindrang und Kurzschlüsse verursachte. Der Schaden belief sich auf 2.617,30 € Netto.

Das Versicherungsunternehmen wies die Ansprüche zurück. Es läge kein Überschwemmungsschaden im Sinne der Bedingungen vor. Ein solcher Schaden sei nur versichert, wenn ein Fahrzeug auf trockener Bodenfläche geparkt worden ist und dann durch „auflaufendes Wasser geflutet werde“ (Auszug aus der Begründung). Eine unmittelbare Einwirkung läge nicht vor wenn das Fahrzeug den überschwemmten Straßenabschnitt überfährt oder in einen überschwemmten Straßenabschnitt fährt.

Wie urteilten die Gerichte

Die Verwendung der Mehrzahl in der Überschrift deutet es bereits an: Hierzu gab es nicht nur ein Urteil. Zunächst befasste sich das Amtsgericht mit der Beurteilung der Sache.

Das Amtsgericht wies die Klage ab. Es fehle an der „Unmittelbarkeit der Überschwemmung“ hieß es seitens des Gerichts. Die „Unmittelbarkeit“ wäre nur erfüllt, wenn weitere Ursachen für den Schaden ausscheiden. Da das Fahrzeug im vorliegenden Fall jedoch in die Überschwemmung fuhr, sei eine weitere Schadenursache möglich.

Die vollumfängliche Berufung vor dem Landgericht Bochum richtet sich gegen diese Beurteilung des Amtsgerichts. Es sei rechtsfehlerhaft, dass das Hineinfahren in einen überschwemmten Straßenbereich die Unmittelbarkeit der Überschwemmung für den Schadenseintritt entfallen lasse. Damit der Versicherer die Leistung wegen des Hineinfahrens verweigern könne, sei ein mitursächliches und vom Normalfall abweichendes pflichtwidriges Fahrverhalten des Fahrzeugführers erforderlich. Dieses läge jedoch nicht vor.

Das Landgericht bezog in sein Urteil eine bereits im Jahr 2006 getroffene Entscheidung des BGH mit ein. Demnach kommt es für die Auslegung des Begriffs „Überschwemmung“ auf das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an, dass sich an dem Wortlaut der Klausel sowie an deren Sinn und Zweck orientiert. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird die Formulierung in den Bedingungen also als Abnahme des ihm aus dem alltäglichen Leben bekannten Risikos eines Überschwemmungsschadens verstehen. Der Begriff Überschwemmung wird daher vom durchschnittlichen Versicherungsnehmer aus dem allgemeinen Sprachgebrauch hergeleitet. Der allgemeine Sprachgebrauch sei, so das Gericht, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalen Weg abliefe, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung tritt und dieses überflutet. Eine Überschwemmung kann im allgemeinen Sprachgebrauch eben auch durch nicht versickerndes Wasser entstehen.

Dies liegt auch vor, wenn eine Straße durch Wolkenbruch überschwemmt wird.

Foto: liveostockimages/Shutterstock.com
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Das Gericht kam außerdem zum Schluss, dass eine unmittelbare Einwirkung der Überschwemmung auf das Fahrzeug stattgefunden hat.

Bei der „Unmittelbarkeit“ waren sich die Parteien im Gerichtsprozess nicht einig. Auf der einen Seite will der Versicherer solche Fälle ausschließen, in denen der Fahrer eines Fahrzeugs aufgrund eines Naturereignisses wie z. B. Überschwemmung mitursächlich anders reagiert als im Normalfall und dadurch ein Schaden entsteht. Würde man die Schäden aufgrund einer falschen Reaktion des Fahrers ebenso in die Teilkaskoversicherung einschließen, hätte man ernsthafte Abgrenzungsprobleme zur Vollkaskoversicherung, in welcher bekanntlich solche Schäden grundsätzlich versichert wären.

„Ausgeschlossen sind Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind.“
(Auszug aus den AKB Stand 01.09.2013, Ziff. A 2.2.3)

Gemeint ist damit z. B. ein Schaden der durch das Ausweichen des Fahrzeugs aufgrund einer vorausliegenden Überschwemmung entsteht. Ein vom Naturereignis verursachtes Verhalten des Fahrers sei hier jedoch nicht anzunehmen.

Zusammenfassung

Das Gericht sieht zwar die Einfahrt in die Überschwemmungszone als schadenursächlich. Doch das Gericht war der Meinung, dass der Fahrer des Fahrzeugs die Überschwemmung erst sehr spät bemerken konnte. Der Fahrweg des Fahrzeugs sei durch die Überschwemmung nicht beeinflusst worden, womit der Ausschlusstatbestand jener Schäden, die „durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind“, eliminiert wird.

Auch einer Kürzung der Schadenleistung aufgrund grober Fahrlässigkeit schob das Gericht einen Riegel vor.

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